Der Hohenheimer Ansatz von Forschendem Lehren und Lernen zielt besonders auf das gemeinsame Forschen, die Interaktion von erfahrenen Forschern, Forscherinnen und Forschungseinsteigern.

Uns sind der persönliche Kontakt und der direkte wissenschaftliche Austausch besonders wichtig.

Dennoch führen verschiedene Entwicklungen zu einem immer stärkeren Einsatz digitaler Methoden in der Lehre. Obwohl der Kontakt über digitale Medien nicht den direkten und persönlichen Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden ersetzen kann und eine andere Qualität hat, so ist doch auch hier ein intensiver Austausch möglich. Im günstigsten Fall kann man beide Arten der Kommunikation kombinieren und damit auch die Vorteile niederschwelliger Treffen über digitale Medien sinnvoll nutzen.

In den meisten Schritten des Forschungsprozesses können digitale Medien relativ einfach eingesetzt werden, ohne deren Ziele und Inhalte grundsätzlich zu beeinträchtigen. Lediglich bei der Einarbeitung in die Methoden und bei der Datenerhebung in experimentellen Projekten müssen die Inhalte entsprechend modifiziert werden, weshalb wir hier auch auf mögliche digitale Umsetzungen der Forschenden Lehre eingehen.

Stärker als bei der direkten Betreuung von Studierenden in Forschungsprojekten kommt es bei der digitalen Betreuung auf eine transparente Planung der Projekte und regelmäßigen Austausch an. Sie unterstützen damit das selbständige Lernen der Studierenden und vermeiden Frustration durch unklare Erwartungen.

Der Vorteil des agilen Projektmanagements ist das Herunterbrechen des Projektes in kleine, bearbeitbare Einheiten, die Verdeutlichung der Aufgaben und zu liefernden Ergebnisse sowie die Klärung der Zuständigkeiten und ist damit insbesondere für den Einsatz bei digitalen Forschungsprojekten geeignet.

Handreichung für agiles Projektmanagement von HR-Forschungsprojekten mit Scrum

Üblicherweise wird bei Humboldt reloaded Projekten das Forschungsthema durch die Betreuer:innen vorgegeben, die die Studierenden mit der Fragestellung vertraut machen.

Damit sollen zwei Vorteile genutzt werden:

  • Zum einen profitieren die Studierenden von der Expertise der Betreuenden in derem eigenen Forschungsgebiet und deren Begeisterung für das Thema
  • Zum anderen können Betreuende ihre Lehre und ihre Forschung verknüpfen und erhalten im besten Fall Zuarbeit und zusätzliche Daten.

Neben der Einführung in das Forschungsthema kann zu Beginn eines Projektes auch der Forschungsprozess und die Bedeutung der einzelnen Schritte für den Erkenntnisgewinn mit den Studierenden thematisiert werden sowie dargelegt werden, welche Schritte im aktuellen Projekt durchlaufen werden.

Mögliche Lernziele

  • Die Elemente des Forschungsprozesses und ihre Bedeutung für die Wissenschaft kennen
  • Kriterien wissenschaftlichen Arbeitens kennen
  • Bedeutung von Objektivität, Repoduzierbarkeit, Transparenz, Kritikfähigkeit, Ethik für den wissenschaftlichen Prozess kennen und diskutieren können

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

  • Studierende herausarbeiten lassen, was zum Forschungsprozess gehört, und dies gemeinsam reflektieren/diskutieren
  • Studierende Kriterien für gute wissenschaftliche Praxis erarbeiten lassen

Materialien und weiterführende Links

Mögliche Lernziele

  • Informationen zu spezifischem Thema recherchieren können
  • Literatur mit wissenschaftlichen Datenbanken recherchieren können (z. B. scopus)
  • Unterschiedliche Vorgehensweisen (z. B. Suche mit Keywords, Schneeballsystem) und deren Vor-/Nachteile kennen
  • Unterschiedliche Textsorten kennen (z. B. Review, Originalpaper, Monographie)
  • Geeignete Literatur anhand Qualitätskriterien auswählen können
  • Wissenschaftliche (englische) Original-Literatur lesen, verstehen, wiedergeben und bewerten können
  • Mit Literaturverwaltungsprogrammen umgehen können

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

  • Studierende gezielt zum eigenen Forschungsthema Literatur recherchieren, lesen, zusammenfassen lassen
    z. B. mit dem Auftrag Forschungslücken aufzudecken oder widersprüchliche Studien zu finden
  • Oder: innerhalb des eigenen Oberthemas Studierende deren Interessen nachgehen lassen, dies könnte einen neuen Aspekt/Blickwinkel zur eigenen Forschungsarbeit hinzufügen
  • Ein Lesetagebuch anlegen lassen
  • Einen Lesezirkel/Journalclub mit mehreren Studierenden bilden und entweder die gleiche (oder unterschiedliche) Literatur anhand bestimmter Kriterien auswerten und (sich gegenseitig) vorstellen lassen, z. B. anhand eines Fragenkatalogs

Materialien und weiterführende Links

Mögliche Lernziele

  • Unterschiedliche Typen von Fragestellungen erkennen (systematisch-deskriptiv und kausal-analytische Fragstellung)
  • Eigene Forschungsfragen zu einem Thema formulieren können
  • Unterschiedliche Typen von Forschungsfragen formulieren können
  • Anhand der gelesenen Literatur Theorien ableiten können
  • Bestehende Theorien hinterfragen können
  • Verstehen, wie bestehende Theorien (Annahmen) die Fragestellung und Hypothesen beeinflussen
  • Zwischen Ziel, Fragestellung, Annahmen und Hypothesen unterscheiden können
  • Falsifizierbare Hypothesen zu einer Fragestellung formulieren können
  • Verstehen, wie die Hypothese das Versuchsdesign beeinflusst


Selbst wenn ein Thema oder eine spezifische Fragestellung vorgegeben ist, haben Studierende oft Schwierigkeiten, die Fragestellung und überprüfbare Hypothesen in eigenen Worten zu formulieren, bzw. die zugrundeliegende Theorie zu reflektieren. Dies kann anhand des Forschungsthemas der Betreuerin/des Betreuers geübt werden.

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

In diesem Bereich steht nicht die Literaturbeschaffung, sondern das Auswerten und Weiterdenken im Vordergrund, wichtige Publikationen zum Thema können selbst gesucht oder zur Verfügung gestellt werden

  • Forschungslücken aufdecken , widersprüchliche Studien finden
  • Zu einer vorgegebenen oder selbst entwickelten Fragestellung zugrundeliegende Annahmen und überprüfbare Hypothesen formulieren
  • Schreiben eines Exposés

Mögliche Lernziele

  • Geeignete Methoden kennen und auswählen können
  • Sich in neue Methoden einarbeiten können
  • Statistische Planungen durchführen können
  • Einen Zeitplan zur Projektdurchführung erstellen können
  • Benötigtes Material organisieren können
  • Vortests durchführen können und gegebenenfalls das Versuchsdesign anpassen können

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

  • Verschiedene Methoden zur Problemlösung recherchieren und deren Vor- und Nachteile herausarbeiten lassen
  • Vorschläge für mögliches Forschungsdesign zu einer Forschungsfrage erarbeiten lassen (z. B. auch in Kleingruppen, die als Challenge gegeneinander antreten, das beste Design wird anschliessend von allen gewählt)
  • Ein Versuchprotokoll ausarbeiten lassen
  • Einen Fragebogen/ Experteninterview ausarbeiten lassen
  • Ein Vorgehensweise für eine Literaturrecherche erstellen lassen

Materialien und weiterführende Links

Mögliche Lernziele

  • Eine eigene Forschungsfrage selbständig verfolgen
  • Daten erheben (digital)
  • Daten organisieren (z. B. Umgang mit Excel-Tabellen)

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

Die Forschungsaktivität kann bestehen in

  • Literaturrecherche und die Auswertung der enthaltenen Inhalte
  • Recherche von (sekundären) Daten und deren Auswertung
  • Erheben eigener Daten durch online-Umfragen
  • Erheben von eigenen Daten durch von Studierenden eigenständig durchgeführten Beobachtungen oder Sammlungen, die über digitale Medien angeleitet werden

Materialien und weiterführende Links

  • Materialien zu qualitativer und quantitativer Forschung
  • Tabellenorganisation mit Excel
  • Statistik

Datenbanken

Mögliche Lernziele

  • Daten statistisch auswerten können
  • Daten vergleichen und interpretieren können
  • Mögliche Fehlerquellen, Einfluss der Methodik beurteilen und diskutieren können
  • Schlussfolgerungen ziehen können
  • Weitere Forschungslücken aufdecken können

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

Auswerten und Interpretieren von

  • eigenen, selbst (digital) erhobenen Daten 
  • (primären) Daten des Institutes, hinsichtlich einer bestimmter Fragestellung oder „frei“
  • (sekundären) recherchierten Daten
  • von mehreren externen Datensätzen → Metaanalysen
  • Vergleich eigener Daten mit Daten aus der Literatur

Materialien und weiterführende Links

Mögliche Lernziele

Ergebnisse in wissenschaftlichen Kontexten darstellen können:

  • Ergebnisse in Abbildungen und Tabellen darstellen können
  • Unterschiede kennen, welche Daten in Textform, in Tabellenform oder in Abbildungen dargestellt werden
  • Wissenschaftliche Texten erstellen können, z. B. Abstract, Paper, Seminararbeit, Abschlussarbeit

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

Für das Üben der Datenaufbereitung und -darstellung können Datensätze aus

  • eigenen, selbst (digital) erhobenen Daten, 
  • Datensätzen des Institutes 
  • recherchierten Daten
  • Datensätze aus Publikationen

verwendet werden.

Materialien und weiterführende Links

Mögliche Lernziele

  • Eine (eigene) Forschungsarbeit einem Publikum präsentieren können
  • Auf Fragen reagieren und wissenschaftliche Ergebnisse kritisch diskutieren können
  • Ein wissenschaftliches Poster erstellen können , z.B. Einstellen in Ilias, dann Peer review
  • Einen wissenschaftlichen Vortrag ausarbieten und (in einer Webkonferenz) präsentieren können

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

Poster und/oder Vortrag gestalten und präsentieren lassen zu Ergebnissen und Erkenntnissen

  • aus eigener Datenerhebung
  • oder aus einer oder mehreren Publikation(en)
  • zu einem vorgegebenen Thema

Poster können z. B. in Ilias eingestellt und im Peer review kommentiert werden.
Vorträge können online gehalten werden.

In Gruppen kann die Bewertung der anderen Arbeiten bzw das Stellen von Fragen zu den Vorträgen zur Aufgabe gehören

Wichtig für die Reflexion sind Diskussion und Feedback

Materialien und weiterführende Links

externe Links:

 

Nach Wildt (2007) setzt sich die Handlungskompetenz einer Forscherpersönlichkeit aus Kompetenzen der vier Teilbereiche Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz zusammen.

Mögliche Lernziele

  • Das eigene Handeln reflektieren können
  • Eigene Stärken und Schwächen erkennen
  • Den eigenen Lernzuwachs bewerten können
  • Problemlösekompetenz und Frustrationstoleranz entwickeln
  • Feedback geben können
  • Erkenntnisse kritisch bewerten und hinterfragen können
  • Kritisch denken und weiter denken können (neue Fragen stellen, alternative Konzepte entwickeln)

Mögliche Inhalte studentischer Forschungsprojekte HR digital

Eine Reflexion des Forschungsfortschrittes erfolgt idealerweise während des gesamten Forschungsprozesses, im Besonderen bei unerwarteten Ereignissen, zeitlichen Verzögerungen durch wiederholte Messungen, Rückschlägen, Herausforderungen, der Notwendigkeit zur Umplanung des Forschungsdesigns oder der Umformulierung von Hypothesen, etc.

Am Ende eines Forschungsprojektes bietet sich eine gemeinsame Reflexion an. Mögliche Fragen:

Bereich Fachkompetenz

  • Was habe ich inhaltlich gelernt?
  • Was weiss ich noch nicht?
  • Welche Hypothesen wurden bestätigt? Welche Hypothesen konnten nicht bestätigt werden? Warum?
  • Welche Ergebnisse habe ich erwartet? Welche Ergebnisse sind unerwartet? Welche Ergebnisse halte ich für bedeutender/interessanter?
  • Wie belastbar schätze ich die Ergebnisse ein?
  • Welchen Geltungsbereich/Welche Aussagekraft haben die Ergebnisse?
  • Welche neuen Forschungsfragen ergeben sich aus den Erkenntnissen?
  • ...

Bereich Methodenkompetenz

  • Welche Methoden kann ich anwenden?
  • Welche Vorteile, welche Limitationen hat die gewählte Methode?
  • Welchen Einfluss hat die gewählte Methode auf die Ergebnisse?
  • Gibt es alternative Methoden?
  • Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?
  • ....

Bereich Sozialkompetenz

  • Wie klappte die Zusammenarbeit im Team/mit den Betreuenden?
  • Traten Konflikte auf? Wie haben wir sie gelöst?
  • Wurden die Aufgabenverteilung, Verantwortungen und Erwartungen klar formuliert?
  • Wurden die Vereinbarungen eingehalten? Wenn nein, warum nicht?
  • Wie lief die Kommunikation?
  • Wenn Probleme auftraten, wie haben wir das angesprochen, wie haben wir uns gegenseitig unterstützt?
  • ...

Bereich Selbstkompetenz

  • Was lief gut?
  • Was lief nicht gut/anders als erwartet? Welche Probleme sind aufgetreten? Wie habe ich darauf reagiert?
  • Wo kam ich an Grenzen? Wie habe ich/haben wir die Situation gelöst?
  • Wo bin ich noch unsicher? Wo brauche ich noch Unterstützung? Wo kann ich mich weiterbilden?
  • Was ist mir gelungen? Was kann ich gut?
  • Was hat mich motiviert? Wie habe ich mich motiviert (besonders im Fall von Rückschlägen)?
  • ....

Materialien und weiterführende Links

Die Settings in den einzelnen Schritten sind bewusst abstrakt gehalten und müssen an das jeweilige Forschungsthema angepasst werden.

Sollte es nicht möglich sein, den gesamten Forschungskreislauf zu durchlaufen, können in einem Forschungsprojekt auch einzelne Abschnitte, z. B. die Schritte 2.-4. und/oder 6.-8., fokussiert werden. Fortlaufend sammeln wir Materialien und Links zur Unterstützung des (digitalen) Forschenden Lehres und Lernens und stellen diese hier zur Verfügung.


Bereich für Projektbetreuende