Selbstdarstellung auf Facebook: Impression Management contra Privatsphäre [23.12.16]
Monatlich rund 1,61 Milliarden aktive Nutzerinnen und Nutzer weltweit: Damit ist Facebook momentan die Nr. 1 der sozialen Netzwerke. Bei der Nutzung dieses Netzwerkes ist es fast unausweichlich, dass man sich selbst nach außen darstellt, unter anderem im Profilbild, oder Informationen über sich selbst preisgibt, beispielsweise über Kommentare und Statusmeldungen. Man muss zwischen dem Nutzen der Selbstdarstellung und dem Schutz der eigenen Privatsphäre abwägen. Drei Humboldt-Projekte untersuchen, was den Facebook-Mitgliedern dabei wichtig ist und welche Profilbildtypen es auf Facebook gibt.
Wer auf Facebook surft, macht sich ein Bild von seinen Mitmenschen – im wörtlichen und übertragenen Sinn. Umgekehrt kann man sich darüber Gedanken machen, wie man sich auf Facebook präsentiert und welchen Eindruck man hinterlässt. Impression Management nennen es Forscher, wenn man dies bewusst oder unbewusst steuert.
Wenn man persönliche Informationen und Meinungen preisgibt, ist das allerdings auch mit Risiken für die eigene Privatsphäre verbunden. Und das gilt auch für das Hochladen von Bildern für das Impression Management. Bei Profilbildern sind beispielsweise unterschiedliche Abstufungen der Privatheit denkbar. Nutzer müssen also zwischen dem Schutz der Privatsphäre und der Selbstdarstellung abwägen.
Humboldt reloaded – Wissenschaft von Anfang an |
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Das preisgekrönte Projekt der Uni Hohenheim will Studierende durch forschungsnahes Lernen bereits im Bachelorstudium für die Wissenschaft begeistern. Die Studierenden bearbeiten Forschungsfragen in kleinen Teams und werden dabei optimal betreut. |
Humboldt-Studie fokussiert auf erwachsene Facebook-Nutzer
In einem ersten Humboldt-Projekt wollen sechs Studierende das Impression Management bei Facebook näher untersuchen. Im Fokus stehen dabei Erwachsene – im Gegensatz zu den meisten anderen Studien, die Jugendliche oder junge Erwachsene im Blick haben.
Die Studierenden entwerfen einen standardisierten Online-Fragebogen, über den sie 243 Facebook-Nutzerinnen und -Nutzer zu ihren persönlichen Meinungen und ihrem Nutzungsverhalten befragen. 56 Prozent der Befragten sind weiblich, das Durchschnittsalter liegt bei knapp 32 Jahren – vergleichbar mit dem Durchschnitt der deutschen Facebook-Klientel.
Sorge um Privatsphäre höher als Motivation zum Impression Management
Das Ergebnis der Humboldt-Studie: Insgesamt legen die Befragten ein hohes Bedürfnis nach Privatsphäre an den Tag. Impression Management nimmt bei den Facebook-Mitgliedern eine etwas weniger bedeutsame Rolle ein. Es steht dabei allerdings in Zusammenhang mit verschiedenen Persönlichkeitsmerkmalen. So haben jüngere Befragte eine höhere Motivation, bei anderen einen bestimmten Eindruck über sich selbst zu erwecken als Ältere.
Zwischen Impression Management und der Privatsphäre können die Studierenden ebenfalls einen Zusammenhang erkennen: Wer mehr um seine Privatsphäre besorgt ist, achtet stärker darauf, wie er auf andere wirkt. Im Gegenzug führt aber die Sorge um eine Daten-Weitergabe durch Facebook zu einer weniger stark ausgeprägten Motivation zur Darstellung der eigenen Person.
Profilbilder nehmen besondere Rolle ein
Ein anderer Aspekt der visuellen Selbstoffenbarung auf Facebook ist Gegenstand zweier weiterer Humboldt-Projekte: die Profilbilder. Sie sind für alle sichtbar – ob befreundet oder nicht – und beinhalten auch visuelle Informationen. In diesen Projekten greifen die 18 Studierenden auf zwei unterschiedliche Datensätze von Profilbildern zurück: Zum einen auf Bilder, die Ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen im ersten Projekt bei ihrer Online-Befragung mit erhoben haben, und zum anderen auf ein Sample, das bereits im Jahr 2013 im Rahmen einer studentischen Online-Befragung erhoben wurde.
Das Hohenheimer Institut für Kommunikationswissenschaft hat 2014 acht unterschiedliche Profilbildtypen identifiziert. Allerdings geschah dies rein auf der Grundlage des Studierendensamples. Und es stellt sich nun die Frage, ob die Typen noch heute gültig sind und ob man diese Erkenntnisse auf alle Facebook-Mitglieder übertragen kann.
Humboldt-Studien bestätigen Profilbildtypen
Um diese Fragen zu klären, führen die Studierenden 55 qualitative Interviews durch und lassen die Befragten je ein Bildersample offen sortieren. Mit Hilfe einer sogenannten Korrespondenzanalyse, einem statistischen Verfahren, und einer Analyse der Interviews identifizieren die Projektteilnehmer in beiden Teilprojekten je zwei Dimensionen, anhand deren die Befragten sortiert haben: Sozialer Kontext und Anonymität. Und sie können die zuvor ermittelten Typen weitestgehend bestätigen. Die ermittelten Profilbildtypen sind: sozialer Kontext, (aggressive) Selbstdarstellung, Portrait, Landschaftsbilder, Hobby & Urlaub, Vermummte, lustige sowie anonyme Dummies.
Während beispielsweise Profilbesitzer mit Dummies „nicht direkt erkannt werden“ (Tina, 39 Jahre) wollen, werden die Besitzer mit dem Profilbildtyp der aggressiven Selbstdarstellung eher als „Poser“ (Johanna, 20 Jahre) bezeichnet. Bei Portraits kann man „die Person klar erkennen […], nicht [aber] ob sie gerne rausgeht oder gerne Party macht“ (Michael, 32 Jahre), da es sich hierbei um Gesichtsaufnahmen mit Blick in die Kamera handelt.
Text: Elsner
Humboldt-Projekt: Posten-Liken-Teilen: Was beeinflusst unser Verhalten auf Facebook?
Studierende: Cordula Bönsch, Filmon Habte, Lilly Köhler, Sinan Serin, Vedran Simeunovic, Joel Stecher
Projektbetreuerin: Hanna Gölz
Laufzeit: 26.10.2015 - 31.3.2016
Humboldt-Projekt: Visuelle Selbstoffenbarung auf Facebook – Eine Bildersortierstudie zur Untersuchung von Facebook-Profilbildern
Studierende: Elena Burth, Philipp Geimer, Filmon Habte, Miriam Hiestand, Pascal Hüben, Kerstin Keller, Annika Kickstein, Annika Lupprich, Jasmin Oehl, Theresa Olkus, Susannah Reins, Selma Sadikovic, Anna Sapundzhieva, Viktoria Sauter, Britta Schulz, Hannah Steiert, Hanna Steinbach, Luisa Steinkogler
Projektbetreuerin: Hanna Gölz
Laufzeit: 13.4.2016 - 30.9.2016