Weizen im Klimastress: Klimawandel verändert Anbau und Qualität [02.12.16]
Weniger Eisen und Zink unter erhöhtem CO2 in der Atmosphäre, vielleicht mehr Protein durch ansteigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster – so könnte der Weizen der Zukunft aussehen. Ob die Erträge steigen oder sinken, ist ebenfalls noch nicht ganz klar. Aber eines ist sicher: Der Klimawandel wird sich auf den Weizenanbau auswirken. Das erforschen gleich drei Humboldt-Projekte im Fachgebiet Pflanzenökologie und Ökotoxikologie.
Sie suchen Antworten auf die Frage, was genau geschieht, wenn der Klimawandel fortschreitet und für höhere Temperaturen, weniger Sommerniederschläge und höhere Kohlendioxid-Gehalte sorgt.
Nicht alle Winterweizen-Sorten trotzen dem Klimawandel
Auf jeden Fall wird sich das Spektrum an Weizensorten auf den Feldern künftig ändern müssen. Zu diesem Fazit kam Yakima Schwenger in ihrem Humboldt-Projekt. Sie untersucht die Frage, welche Sorten auch unter den veränderten Klimabedingungen gedeihen. Dafür nimmt sie Winterweizen auf jeweils zwei Feldern im milden Kraichgau und auf der rauen schwäbischen Alb unter die Lupe.
Zwei Sorten kommen zum Einsatz: die Sorte Akteur mit hohen Qualitätseigenschaften auf den beiden Kraichgau-Feldern und einem auf der schwäbischen Alb, und auf dem vierten Feld die Sorte Hermann, die sich durch eine hohe Ertragsstabilität auszeichnet. Im Labor bestimmt Schwenger mittels Nahinfrarotspektroskopie den Gehalt an Rohasche, Rohprotein und Stärke – und stellt Unterschiede fest.
Im wärmeren Kraichgau sind die Kornerträge höher als auf der schwäbischen Alb – und der Rohproteingehalt niedriger. Er gilt als wichtiger Qualitätsparameter des Weizens. Auf der Alb zeigen sich auch Unterschiede zwischen den Sorten: Akteur erreicht dort zwar durchschnittlich den höchsten Rohproteingehalt – wobei sich allerdings die Tücken der Forschung offenbaren: Es gibt hohe Schwankungen bei Ertrag und Proteingehalt. Ganz anders die Sorte Hermann. Sie zeigt sich, wie erwartet, als ertragsstabil und liefert zuverlässige Kornerträge.
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Je nach Klima und Standort – so die Erkenntnis des Projektes – eignen sich die verschiedenen Weizensorten unterschiedlich gut. Wenn also in Zukunft der Klimawandel auch in Baden-Württemberg immer spürbarer wird, kann eine standortgeeignete Sortenwahl die Folgen für den Landwirt eventuell abschwächen.
Auswirkungen auf Protein-Gehalte noch unsicher
Voll auf die Ertragsqualität, also den Proteingehalt, fokussieren Hanna Philippi und Meike Gassner in ihrem Humboldt-Projekt. Nachdem man im heißen Sommer 2006 zwar Ertragseinbußen, aber einen Anstieg der Proteinkonzentration beobachtet hat, wollen sie es genauer wissen. In einem Feldversuch in Halle/Bad Lauchstädt bauen sie Weizen unter zwei verschiedenen Klimabedingungen an – unter dem gegenwärtigen Klima und unter den Bedingungen, die voraussichtlich ab 2050 herrschen werden. Dazu erhöhen sie die Nachttemperaturen um 3 °C und den Herbst- und Frühjahrsniederschlag um 5 % und verringern den Sommerniederschlag um 15 %. Die Proben unterziehen sie den gleichen Laboranalysen wie Schwenger.
Wasserstress und Trockenheit – so ihre Erkenntnis – können zur Notreife und zu einer eingeschränkten Nährstoffzufuhr in die Körner führen. Ertragseinbußen von rund 17 % können die Studentinnen ermitteln. Der Proteingehalt ist jedoch kaum verändert – die ursprüngliche Hypothese lässt sich daher in diesem Versuch nicht bestätigen. Also ist noch mehr Forschung nötig, schlussfolgern die beiden Jungforscherinnen – schließlich würde ihr Projekt den erwarteten CO2-Anstieg oder auch künftig häufigere Extremereignisse noch nicht berücksichtigen.
Klimawandel stellt Züchtungserfolge zum Nährstoffgehalt in Frage
Um dem Problem der Mangelernährung insbesondere in Entwicklungsländern zu begegnen, haben sich Weizenzüchter etwas einfallen lassen: In den letzten Jahren haben sie Weizensorten mit höheren Eisen- und Zinkgehalten entwickelt. Doch der CO2-Anstieg, so das Fazit eines Humboldt-Projektes, könnte diesen Erfolg relativieren.
Alexander Niederau untersucht, wie eine erhöhte CO2-Konzentration den Gehalt an Eisen und Zink bei ausgewählten Weizen-Genotypen beeinflusst. Dazu führt er ein Klimakammer-Experiment durch. Darin zieht er 31 Genotypen in Töpfen an – einmal bei aktuellem (400 ppm) und einmal bei erhöhtem (550 ppm) CO2-Gehalt. Er dokumentiert wöchentlich das Entwicklungsstadium, den Chlorophyllgehalt der Blätter und die Wuchshöhe.
Seine Hypothese: Durch mehr CO2 steigt der Kornertrag, die Eisen- und Zink-Gehalte sinken jedoch. Der Klimawandel könnte daher zwar mengenmäßig die Ernährungssicherung in der Welt sogar verbessern, das Problem der Mangelernährung bleibt jedoch bestehen.
Text: Elsner
Humboldt-Projekt: Dem Klimawandel auf der Spur mit Schnelltests: Ertragsqualität der Zukunft
Studierende: Yakima Schwenger
Projektbetreuer: Petra Högy, Andreas Fangmeier
Laufzeit: 26.10.2015 – 30.09.2016
Humboldt-Projekt: Klimawandel: Wie sieht in Zukunft die Qualität von Weizen aus?
Studierende: Hanna Philippi, Meike Gassner
Projektbetreuer: Petra Högy, Andreas Fangmeier
Laufzeit: 26.10.2015 – 30.09.2016
Humboldt-Projekt: Increased CO2 levels and wheat: Benefit due to genotype diversity?
Studierende: Alexander Niederau
Projektbetreuer: Petra Högy, Andreas Fangmeier
Laufzeit: 11.04.2016 – 30.09.2016