Gerechte Bezahlung: Löhne in Norditalien fairer als im Süden  [22.08.17]

Frauen werden nach wie vor häufig schlechter bezahlt als ihre Kollegen. Diese Unterschiede gibt es in fast jedem Land Europas. Die Gesamtlohnlücke ist im Norden größer als im Süden. Dennoch sind die Löhne im Norden gerechter ermitteln Studierende im Rahmen ihres Humboldt reloaded-Projektes.

Foto: Universität Hohenheim / Florian Leonhardmair


Die geschlechtsspezifische Gesamtlohnlücke betrug im Jahr 2015 laut Eurostat in Deutschland 22 Prozent und in Italien knapp 7 Prozent. Zum Vergleich: Der EU 28-Durchschnitt betrug im selben Jahr 16 Prozent. Einen Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen gab und gibt es also praktisch in ganz Europa. Das legt nahe, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert werden.

Johanna Braun, Lena Göhringer, Ramona Schmid und Sydney Richards wollen es genauer wissen. In einem Humboldt-Projekt schauen sie sich die Daten zu spezifischen Ländern an – und stellen fest, dass es besonders zwischen Nord- und Südeuropa deutliche geschlechtsspezifische Lohnunterschiede gibt. Im Norden ist zwar die Beschäftigungslücke zwischen Männern und Frauen viel geringer, also mehr Frauen sind überhaupt berufstätig, doch dafür zeigt das Lohngefälle das Gegenteil. Kurzum: Je mehr Frauen arbeiten, desto weniger verdienen sie durchschnittlich im Vergleich zu den Männern.

Humboldt reloaded – Wissenschaft von Anfang an

Das preisgekrönte Projekt der Uni Hohenheim will Studierende durch forschungsnahes Lernen bereits im Bachelorstudium für die Wissenschaft begeistern. Die Studierenden bearbeiten Forschungsfragen in kleinen Teams und werden dabei optimal betreut.


Die Studierenden wollen ermitteln, welche Umstände und Einflüsse zu solchen geschlechtsspezifischen Lohnunterschieden führen. Ihr Beispiel: Italien, bzw. ein italienischer Datensatz aus dem Jahr 2005. Die gesamte Lohnlücke schlüsseln sie zunächst auf in einen erklärbaren Teil und einen unerklärbaren Teil.

Lohnlücke nur zum Teil erklärbar

Der erklärbare Teil, auch endowments effect genannt, ergibt sich zum Beispiel durch unterschiedliche Qualifikationen zwischen Männern und Frauen, durch institutionelle Unterschiede wie Mutterschutz oder Steuersystem, durch die schlechtere Bezahlung in bestimmten Berufszweigen, durch Teilzeitarbeit oder weniger Frauen in Führungspositionen. Der nicht erklärbare Teil, der coefficients effect, beschreibt die Lohnlücke, die aufgrund unterschiedlicher Bezahlung trotz identischer Eigenschaften entsteht.

Dieser Teil wird oft als Diskriminierung bezeichnet und macht, so die Ergebnisse der Studierenden,  einen Hauptteil des geschlechtsspezifischen Lohngefälles aus. Die Nachwuchsforscher stellen jedoch auch fest, dass zwar die Gesamtlohnlücke in Süditalien niedriger ist als im Norden, der nicht erklärbare Teil im Süden jedoch höher ist. Sie schlussfolgern, dass der Norden Italiens gerechtere Löhne zahlt.

Dabei muss man jedoch berücksichtigen, dass die Schätzung der geschlechtsspezifischen Lohnlücke nicht auf einer zufällig ausgewählten Stichprobe basiert: Einbezogen werden nämlich nur die Frauen, die überhaupt am Arbeitsmarkt teilnehmen. Ein Fazit der Studierenden: Die gesamte Lohnlücke wird auch innerhalb Italiens umso größer, je mehr Frauen in den Arbeitsmarkt einsteigen.

Text: Elsner

Humboldt-Projekt: Culture, Economics and the Gender Pay Gap in Europe
Studierende: Johanna Braun, Lena Göhringer, Ramona Schmid, Sydney Richards
Projektbetreuerin: Marina Töpfer
Laufzeit: 26.10.2015 – 31.3.2016


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