Beeinflusst zeitweiliges Fasten Immunzellen?   [07.11.19]

„Intervallfasten“ liegt im Trend. Doch lassen sich positive gesundheitliche Effekte, die dem zeitlich begrenzten Nahrungsverzicht nachgesagt werden, auch wissenschaftlich nachweisen? Nina Schmidt und Nicole Steiner, Studentinnen der Ernährungswissenschaft, sind dieser Frage im Hinblick auf das Immunsystem nachgegangen. Mit ihren Ergebnissen und ihrem Vortrag begeisterten sie auf der Humboldt reloaded-Tagung nicht nur das Publikum, sondern auch die Jury des „L-Bank-Preises“. Der Online-Kurier hat die Preisträgerinnen in der Kategorie „Herausragendes Projekt“ interviewt.

 

Herzlichen Glückwunsch zum L-Bank-Preis, worum ging es in eurem Projekt genau?

Nina: Wir haben uns mit dem Gesundheitstrend „zeitweiliges Fasten“ beschäftigt.

Es gibt bereits einige Experimente, die gezeigt haben, dass eine zeitliche Beschränkung der Nahrungsaufnahme potentiell gesundheitliche Vorteile bietet. Zu diesen zählen beispielsweise eine Körperfettabnahme, Blutdrucksenkung oder auch Entzündungshemmung.

Wir wollten in unserem Projekt nun herausfinden, ob sich auch die Reaktivität von Immunzellen verändert, wenn Menschen für 16 Stunden keine Nahrung zu sich nehmen.

Warum habt ihr euch genau für dieses Projekt entschieden?

Nicole: Wir fanden in unserem Studiengang Ernährungswissenschaft beide die Vorlesungen aus dem Bereich Immunologie besonders spannend.

Andererseits hatte uns die Laborarbeit im ersten uni-internen Praktikum im Rahmen der anorganischen und organischen Chemie eigentlich eher weniger Spaß gemacht. Wir waren deshalb nicht sicher, ob wir uns zum Beispiel in der Bachelor-Arbeit darauf einlassen wollen oder ob es sogar ein mögliches Berufsfeld für uns sein könnte.

Das Humboldt reloaded-Projekt haben wir deshalb auch als Gelegenheit gesehen, das für uns herauszufinden und dem Labor sozusagen noch einmal eine Chance zu geben.

Und wie lautet euer Fazit?

Nina:
Ich bin richtig froh, dass ich an dem Projekt teilgenommen habe! Wenn man zu zweit intensiv an einem Thema arbeitet, das einen wirklich fasziniert, und aufkommende Fragen jederzeit mit engagierten Betreuern diskutieren kann, lernt man das Labor einfach nochmal komplett anders kennen.

Nicole: Toll war auch, dass wir durch unser Humboldt reloaded-Projekt einen Beitrag für ein laufendes Forschungsprojekt am Institut für Ernährungsmedizin leisten können. Wir wurden somit Teil eines echten Forschungsteams und wurden dort auch von allen so aufgenommen. So ein Blick hinter die Kulissen ist eine Erfahrung, die man im Studium ansonsten in dieser Form nicht macht.

Wie genau seid ihr in eurem Projekt vorgegangen?


Nicole:
Zuerst haben wir mit der Arbeitsgruppe von Professor Lorentz darüber gesprochen, wie wir unsere Forschungsfrage untersuchen können und dabei am besten vorgehen, zum Beispiel wie lange die Fastenperiode sein sollte.

Wir haben dann Blutproben von 4 Probanden untersucht, vor und nach einer 16-stündigen Fastenperiode. Ich fand toll, dass wir auch selbst als Probanden teilnehmen konnten. Wir haben also teilweise unsere eigenen Zellen untersucht.

Nina: Danach haben wir die sogenannten neutrophilen Granulozyten isoliert, eine bestimmte Art von weißen Blutkörperchen, die eine wichtige Rolle für das Immunsystem spielen.

Anschließend haben wir die Immunzellen stimuliert und mit Hilfe eines Photometers gemessen, wie aktiv sie sind. Natürlich mussten wir uns zunächst mit der Technik auseinandersetzen und zum Beispiel auch lernen, wie die Ergebnisse des Photometers zu interpretieren sind. Dabei hat uns unsere Betreuerin unterstützt.

Was hat eure Untersuchung ergeben?

Nicole: Das Ergebnis ist wirklich spannend: Zeitweiliges Fasten scheint die Aktivität des Immunsystems tendenziell zu steigern. Bei 75% unserer Messungen konnten wir eine erhöhte Reaktivität der Immunzellen nachweisen, bei 25% dagegen eine erniedrigte.

Natürlich lassen sich aus unserer Untersuchung noch keine Handlungsempfehlungen ableiten, weil die Probandenzahl dafür zu gering war. Aber es ist ein erster Hinweis, der nun in umfangreicheren Studien untersucht werden kann.

Nina: In einem zweiten Projekt haben wir parallel übrigens auch einen Versuch mit Zellkulturen durchgeführt. Dabei haben wir Immunzellen in Medien mit unterschiedlichen Glucosekonzentrationen kultiviert, um den Effekt des „Hungerns“ näher zu untersuchen. Auch die Ergebnisse hier weisen in eine ähnliche Richtung.

Wir sind nach dem Projekt auf jeden Fall jetzt beide noch mehr Feuer und Flamme für die Immunologie und können uns auch sehr gut eine Bachelor-Arbeit in diesem Bereich vorstellen.

Interview: Leonhardmair


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