Blattläuse auf Diät: Bakterien im Darm können Nahrungsdefizite ausgleichen [23.02.17]
Wenn zwei sich zusammentun, kann das beiden zum Vorteil gereichen. Das gilt auch für Bakterien im Darm von Blattläusen: Bei dieser sogenannten Symbiose versorgen die Blattläuse ihre kleinen Bewohner mit Nahrung, und diese revanchieren sich, indem sie Defizite in der Blattlaus-Nahrung ausgleichen. In einem Humboldt reloaded-Projekt untersuchen zwei Studierende die Rolle dieser Darmbewohner – und sind überrascht von deren Bedeutung.
Sie haben bloß Hunger, doch damit machen sie sich keine Freunde unter den Garten-Fans: Blattläuse saugen bekanntlich an ihrer Wirtspflanze. Der Pflanzensaft, den sie so aufnehmen, ist zwar reich an Zuckern, aber relativ arm an Aminosäuren. Das wäre für die Blattläuse ein Problem – wenn nicht kleine Helfer in die Bresche springen würden: Bestimmte Bakterien leben in spezialisierten Zellen im Darm der Blattläuse, und diese sogenannten Symbionten können das Nahrungsdefizit ausgleichen.
Wie leistungsfähig diese Symbionten sind und wie sie sich auf die Entwicklung der Wickenblattlaus auswirken, wollen Jenny Striegel und Anne Meinhold in ihrem Humboldt-Projekt erkunden. Dazu setzen sie die Blattläuse auf Diät. Nicht im Sinne einer Schlankheitskur, sondern indem sie die Blattsauger mit unterschiedlicher, genau definierter Nahrungszusammensetzung füttern.
Humboldt reloaded – Wissenschaft von Anfang an |
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Das preisgekrönte Projekt der Uni Hohenheim will Studierende durch forschungsnahes Lernen bereits im Bachelorstudium für die Wissenschaft begeistern. Die Studierenden bearbeiten Forschungsfragen in kleinen Teams und werden dabei optimal betreut. |
Blattlausfutter – mit und ohne Antibiotikum
Vier verschiedene künstliche Diäten kredenzen die Studentinnen den Wickenblattläusen: Die optimale Diät beinhaltet 20 verschiedene Aminosäuren, Vitamine, Salze, Cholesterin und Zucker, die suboptimale Diät lediglich 4 verschiedene Aminosäuren. Und dann versetzen sie beide Varianten auch noch jeweils mit einem Breitband-Antibiotikum, das die Bakterien im Blattlausdarm abtöten soll.
Wie erwartet erweist sich die optimale Diät – ohne Antibiotikum – als optimal für die Wickenblattläuse: Striegel und Meinhold ermitteln mit dieser Fütterung die längste mittlere Lebensdauer von 4,1 Tage, die damit signifikant höher lag als bei der suboptimalen Diät ohne Antibiotikum mit 2,6 Tage, der optimalen Diät mit Antibiotikum (2,4 Tage) und der suboptimalen Diät mit Antibiotikum (2,1 Tage).
Antibiotikum schädigt Symbionten im Darm
Überrascht sind die beiden Nachwuchsforscherinnen vom Ergebnis der optimalen Diät mit Antibiotikum: Sie hatten erwartet, dass die Wickenblattläuse bei so optimaler Nahrungszusammensetzung trotz beeinträchtigter Symbionten in der Lage sein müssten, die Aminosäuren zu metabolisieren. Doch statt der erwarteten zweitlängsten Lebensdauer kommt diese Variante erst auf Platz 3, und zudem ist die Entwicklung der Blattläuse am stärksten verzögert.
Bei der suboptimalen Diät ohne Antibiotikum vermuteten die Studentinnen, dass die Symbionten das Nahrungsdefizit ausgleichen – und das scheint das Überleben der Wickenblattläuse und ihre fortwährende Entwicklung zu bekräftigen. Dennoch ist die Lebensdauer bei der suboptimalen Diät ohne Antibiotikum höher als bei der optimalen Diät mit Antibiotikum. Bei der suboptimalen Diät mit Antibiotikum ist die Lebensdauer am geringsten. Beide Diäten mit Antibiotikum weisen also darauf hin, dass dieses die Symbionten der Wickenblattlaus schädigt.
Text: Elsner
Humboldt-Projekt: Rolle der Symbionten für Wachstum und Entwicklung von Blattläusen
Studierende: Jenny Striegel, Anne Meinhold
Projektbetreuerin: Heike Schäfer
Laufzeit: 12.4.2016 – 30.9.2016