Local Food Marketing [31.12.19]
Zeigen, wo’s herkommt: Für Lebensmittel, die mit Regionalität, besonderer Qualität oder fairen Arbeitsbedingungen überzeugen wollen, kann das eine sehr wirksame Marketing-Strategie sein. Wie ein Portrait-Foto des Produzenten und weitere Informationen zur Herstellung auf der Produktverpackung von Konsumenten wahrgenommen werden, haben Studierende im Rahmen des Humboldt reloaded-Projekts „Local Food Marketing“ des Lehrstuhls für Marketing & Konsumentenverhalten (Prof. Dr. Hüttl-Maack) anhand eines Beispiels genauer untersucht.
„Als ich die Beschreibung des Humboldt reloaded-Seminars gelesen hatte, musste ich sofort an HIPP-Babynahrung denken und den bekannten Slogan – dafür stehe ich mit meinem Namen“, erinnert sich Seminarteilnehmerin Carolin. „Das wirkt irgendwie vertrauenserweckend und traditionell.“
Diese spontane Assoziation scheint der beste Beweis dafür zu sein, wie wirksam Marketing ist, das die Person des Herstellers in den Mittelpunkt stellt. Doch gilt das gleichermaßen auch für andere Lebensmittel?
„Baby-Nahrung ist auf jeden Fall ein Produkt, mit dem man sich sehr bewusst auseinandersetzt. Man ist interessiert daran, wie sie hergestellt wird und ist deshalb wahrscheinlich eher bereit, einen Text auf der Verpackung durchzulesen als bei vielen anderen Lebensmitteln“, vermutet Seminarteilnehmer Rubin.
Vermutung: Infos zur Herkunft unterstreichen Qualität
Der Gang durch den Supermarkt und das Stöbern auf Online-Portalen brachte die Studierenden zu Beginn des Humboldt reloaded-Projekts dann allerdings regelrecht ins Staunen: Kaffee, Kartoffeln, Fertigpizza – überraschend viele Lebensmittelverpackungen „zeigen Gesicht“. Besonders häufig unterstreichen diese Darstellungen die regionale Herkunft, die besondere Qualität, das Tierwohl oder faire Arbeitsbedingungen.
###BOX###
„Ähnlich wie bei einer Direktvermarktung, z.B. über einen Hofladen, scheint das Foto eine Beziehung zwischen Produzenten und Konsumenten zu stiften. Dieser Effekt ist aus Sicht der Marketing-Forschung sehr spannend. Denn Erwartungen nach mehr Regionalität und höheren Qualitätsstandards werden sich letztlich nur dann erfüllen lassen, wenn Verbraucher auch bereit sind, mehr dafür zu bezahlen“, sagt Projektleiter Dennis Gawlik vom Lehrstuhl für Marketing & Konsumentenverhalten.
„Ich hatte zuvor nie besonders darauf geachtet, doch ich musste mir eingestehen, dass ich selbst unterschwellig davon beeinflusst werde“, erzählt Teilnehmerin Carolin. „Unbewusst bringe einen höheren Informationsgrad auf der Verpackung auch mit einer höheren Qualität in Verbindung, selbst dann, wenn ich mir die Darstellung kaum genauer angesehen hatte. Ich fand es deshalb sehr spannend, diesen Effekt wissenschaftlich zu untersuchen.“
In ihrer empirischen Projektarbeit haben die Studierenden die Teilnehmer einer Online-Umfrage in vier Gruppen eingeteilt: Die eine Gruppe bekam eine Verpackung mit einem Foto des Produzenten sowie mit weiteren schriftlichen Informationen angezeigt. Zwei weitere Gruppen sahen jeweils nur den Text oder das Bild auf der Verpackung. Die vierte Gruppe fungierte als Kontrollgruppe und bekam eine Verpackung ohne Text und Bild gezeigt.
Erste empirische Arbeit mit Lern-Effekten
„Insgesamt haben wir ca. 170 Personen befragt, die wir aus unserem Bekanntenkreis rekrutiert haben. Da wir möglichst typische Konsumenten bzw. Konsumentinnen befragen wollten, und nicht nur andere Studierende, haben wir auf ein Durchschnittsalter von ca. 40 Jahren und ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis geachtet“, berichtet Teilnehmerin Julia.
Eine praktische Schwierigkeit wurde den Studierenden dabei schnell bewusst. „Die Darstellung muss professionell wirken. Eine schlecht gemachte Manipulation würde die Probanden irritieren und vom eigentlichen Thema unserer Untersuchung ablenken. Wir waren deshalb erleichtert, dass wir von den Seminarleitern eine fertige Vorlage für die Befragung erhielten. Damit war auch unser Produkt festgelegt: Ein Schinken der Marke ‚metzgerfrisch‘“, erzählt Julia.
Und das Ergebnis? Grundsätzlich haben sich die Hypothesen der Studierenden bestätigt: Mehr Information sorgt im Schnitt auch für eine positivere Bewertung des Produkts. Allerdings fiel der Effekt in Bezug auf Text und Bild nicht in jeder studentischen Arbeitsgruppe gleich deutlich aus. „Wir sind uns bewusst, dass unsere Projektarbeit nicht repräsentativ ist, aber sie lässt eine eindeutige Tendenz erkennen, die man in einer größer angelegten Studie noch genauer untersuchen könnte. Für mich war das Seminar auf jeden Fall eine sehr gute Übung, wie man sich einem solchen Thema wissenschaftlich annähern kann“, berichtet Janina.
Für die meisten Seminarteilnehmer war es die erste empirische Projektarbeit, die sie im Rahmen ihres Studiums selbst durchgeführt haben.
„Wir mussten uns also zunächst mit dem Umfrage-Tool Unipark und der Statistik-Software SPSS auseinandersetzen. Das war schon eine ziemliche Herausforderung, aber ich bin froh, dass ich gleich zu Beginn meines Studiums ein solches Seminar belegt habe, da ich ganz sicher noch davon profitieren werde“, meint Franziska.
Text: Leonhardmair
Humboldt reloaded – Wissenschaft von Anfang an: Das preisgekrönte Projekt der Uni Hohenheim will Studierende bereits im Bachelorstudium für die Wissenschaft begeistern. Der Online-Kurier berichtet über abgeschlossene Humboldt reloaded-Projekte. Mehr Humboldt-Projekte des Tages
Humboldt-Projekt: Local Food Marketing
Projektbetreuer: Dennis Gawlik, Tara Sedghi
Projektzeitraum: Wintersemerster 2019/2020