Was ist "Forschendes Lehren und Lernen" (FLL)?


Forschendes Lehren und Lernen meint Lehren und Lernen im Modus der Forschung.

Forschendes Lernen stellt zum einen eine aktivierende Lehrmethode dar, die die Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Lernenden und eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema fördert. Forschendes Lernen hat zum anderen aber neben dem fachwissenschaftlichen Inhalt auch das “Forschen Lernen” selbst zum Inhalt, das Einarbeiten in ein Thema, das Fragenstellen, das systematische Vorgehen zur Beantwortung der Fragen, das kritische Hinterfragen der Methoden und Ergebnisse sowie das Präsentieren der Erkenntnisse.

Es bewirkt damit eine enge Verzahnung von Forschung und Lehre. Nicht das Vermitteln von verfestigtem Wissen steht im Vordergrund, sondern das gemeinsame Streben von Lehrenden und Lernenden nach neuen Erkenntnissen. Der Forschungsprozess ist komplex, er erfordert und fördert zahlreiche kognitive, soziale und emotionale Kompetenzen sowie praktische (methodische) Fertigkeiten.


“Denn das Wichtige am Prinzip des Forschenden Lernens ist die kognitive, emotionale und soziale Erfahrung des ganzen Bogens, der sich von der Neugier oder dem Ausgangsinteresse aus, von den Fragen und Strukturierungsaufgaben des Anfangs über die Höhen und Tiefen des Prozesses, Glücksgefühle und Ungewissheiten, bis zur selbst (mit-)gefundenen Erkenntnis oder Problemlösung und deren Mitteilung spannt."

(Huber, L. (o.D.). Forschendes Lernen: Begriff, Begründungen und Herausforderungen)

"Forschendes Lernen zeichnet sich vor anderen Lernformen dadurch aus, dass die Lernenden den Prozess eines Forschungsvorhabens, das auf die Gewinnung von auch für Dritte interessanten Erkenntnissen gerichtet ist, in seinen wesentlichen Phasen – von der Entwicklung der Fragen und Hypothesen über die Wahl und Ausführung der Methoden bis zur Prüfung und Darstellung der Ergebnisse in selbstständiger Arbeit oder in aktiver Mitarbeit in einem übergreifenden Projekt – (mit)gestalten, erfahren und reflektieren."

(Huber, L. 2009)



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Varianten des Forschenden Lehrens und Lernens


Forschendes Lehren und Lernen lässt sich mit weiteren forschungsbezogenen Formaten unter den Überbegriff des forschungsnahen Lehrens und Lernens in einem Kontinuum zunehmender Komplexität und zunehmender Aktivität der Lernenden einordnen.

  • Forschungsbasiertes Lernen: Forschen verstehen lernen

    Vermitteln oder Erarbeiten von Methoden des wissenschaftlichen Arbeitens oder von Forschungsergebnissen Lesen und Diskutieren über den Forschungsprozess, Forschungsmethoden, Forschungsdesigns sowie Erkenntnisse und Forschungsergebnisse.
  • Forschungsorientiertes lernen: Forschen üben

    Fachspezifische Methoden praktisch durchführen und üben sowie Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens, wie Recherchieren, Zitieren, wissenschaftliches Schreiben üben.
  • Selbst aktiv an einem Forschungsprozess teilhaben

    Selbst aktiv an Forschung teilhaben, eine Forschungsfrage verfolgen und den Forschungsprozess teilweise oder vollständig durchlaufen.

Welche Variante, d.h. welches Lehrformat gewählt wird, hängt u.a. von der Eigenständigkeit der Studierenden und von den Rahmenbedingungen (z.B. Zeit, Gruppengröße) für den Forschungsprozess ab, welchen die Lehrenden entweder teilweise oder vollständig mit ihren Studierenden durchlaufen – s. Folie 1.

Alle drei Varianten sind mit spezifischen Anforderungen an die Studierenden und Lehrenden sowie unterschiedlichen Rollen verbunden – s. Folie 2.


Was sind die Lernziele von Forschendem Lehren und Lernen?


Projekte des Forschenden Lehrens und Lernens schaffen für Studierende Raum für Eigeninitiative und Erprobung verbunden mit den Herausforderungen von Unwägbarkeit und Ergebnisoffenheit von Forschung. Die Kompetenzen, die so vermittelt werden, bereiten auf akademische Berufsfelder innerhalb und außerhalb der Hochschule vor und fördern neben dem Verstehen von Wissenschaftlichkeit (kognitive Lernziele) auch die Entwicklung der Persönlichkeit (soziale und affektiv-motivationale Lernziele):


  • Kognitive Lernziele

    beziehen sich u.a. auf das theoretische und empirische Fachwissen, das forschungsmethodische Wissen sowie die Fähigkeit zur kritischen Reflexion von Forschungsergebnissen, von Publikationen, von sich selbst als Forschende(r) und des eigenen Forschungsprozesses.
  • Praktische methodische Lernziele

    hierzu gehören z. B. der sichere und routinierte Umgang mit Labormaterialien und Chemikalien, technischen Geräten und Anwendungen. Sie hängen stark von der jeweiligen Fachrichtung bzw. Fragestellung ab.

  • Soziale Lernziele

    beziehen sich zum einen auf kommunikative Fähigkeiten wie aktives Zuhören, konstruktives Feedback geben oder zielgruppenspezifische Präsentation der Forschungsergebnisse. Zum anderen auf die Fähigkeit, in einem Team produktiv zusammenzuarbeiten, den Umgang mit Hierarchien zu lernen sowie die Kritikfähigkeit zu stärken.
  • Affektiv-motivationale Lernziele

    verweisen auf die Fähigkeit, die emotionalen Herausforderungen des Forschungsprozesses bewältigen zu können. Dies umfasst u.a. die emotionale Selbstregulation bei Unsicherheit, Frustration, Angst oder Ärger, die Fähigkeit zur Selbstmotivation, das Erleben von Selbstwirksamkeit oder die Freude am eigenen Tun.

Das Lernziel, (gemeinsam) einen Forschungsprozess oder ein Projekt zu planen und fristgerecht umzusetzen, erfordert dabei Fähigkeiten aus allen vier Bereichen.

 

Die Wirkung einer Teilnahme an den studentischen Forschungsprojekten auf die Kompetenzen bei Studierenden wurde anhand einer Wirkungsstudie untersucht. Finden Sie hier Infos zum Design der Studie und die Ergebnisse.

Die Lernziele im Forschenden Lehren und Lernen sind damit äußerst vielfältig und komplex und innerhalb einer einzigen Lehrveranstaltung kaum zu vermitteln. Es empfiehlt sich daher die Fokussierung auf einige wenige Lernziele. Diese können Sie als Lehrperson im Vorfeld festlegen und in der Projektbeschreibung entsprechend formulieren oder auch zu Beginn eines Projektes mit den Lernenden gemeinsam herausarbeiten.

Entscheidend ist der realistische Komplexitätsgrad des Lernziels auf dem für die jeweilige studentische Zielgruppe angemessenen Anspruchsniveau, das sich im Laufe eines Curriculums wiederkehrend steigern kann.

Studierende können so beispielsweise theoretische Zugänge des Fachgebiets im Rahmen einer Vorlesung kennenlernen, im Seminar kritisch reflektieren, im studentischen Forschungsprojekt anwenden und in der Abschlussarbeit weiterentwickeln.

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Forschungsprozess

Die gewählten Lernziele können sich auf alle Phasen oder auch nur auf bestimmte Phasen des Forschungsprozesses beziehen, wie beispielsweise das Formulieren einer Forschungsfrage, das Erheben und Auswerten von Daten oder das Stärken der Reflexionskompetenz.

Anregungen und Materialien zu den einzelnen Schritten im Forschungsprozess finden Sie im Forschungszyklus.

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Literatur

Goy, A. (2005). Peerteaching – Doppelt gelernt hält besser, in: Sozialmagazin, 30. Jg., Nr. 4, S. 24 – 33.

Huber, L. (o.D.). Forschendes Lernen: Begriff, Begründungen und Herausforderungen

Huber, L. (2009). Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: L. Huber, J. Hellmer& F. Schneider (Hrsg). Forschendes Lernen im Studium. Aktuelle Konzepte und Erfahrungen. Bielefeld: UVW UniversitätsVerlagWebler, S. 9-35).

Lenger, J., Weiss, P., Kohse-Höinghaus, K. (2013). Vermittlung interdisziplinärer Forschungskompetenz: Lehren und Lernen von- und miteinander, in: Zeitschrift für Hochschulentwicklung, 8. Jg., Nr. 1, S. 60 – 68.

Mazur, E. (2006). Peer Instruction: Wie man es schafft, Studenten zum Nachdenken zu bringen. Praxis der Naturwissenschaften; Physik in der Schule, 4(55), 11-15.

Reinmann, G. (2015). Heterogenität und forschendes Lernen: Hochschuldidaktische Mög-lichkeiten und Grenzen. In S. Reinders, B. Klages & M. Bonillo (Hrsg,). Gestaltungsraum Hochschullehre – Potenziale Nicht-traditionell Studierender nutzen (S. 121-138).

Rueß, J., Gess, C., Deicke, W. (2016). Forschendes Lernen und forschungsbezogene Lehre – empirisch gestützte Systematisierung des Forschungsbezugs hochschulischer Lehre. ZfHE 11 (2), 23-44.

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